Unternehmensverkauf: Was ist mein Unternehmen wert?
Von Dr. Patrick Schmidl, geschäftsführender Gesellschafter Deutsche Mittelstandsfinanz GmbH, Frankfurt
Unternehmer, die z.B. im Rahmen der Unternehmensnachfolge über einen Unternehmensverkauf nachdenken, stellen sich zurecht die Frage: „Was ist mein Unternehmen wert?“ Üblicherweise wird da bei bei etablierten Unternehmen auf übliche Unternehmensbewertungsmethoden wie das Vielfache der Ertragskraft (EBIT-Faktoren bzw. EBITDA-Faktoren) oder das Ertragswertverfahren (bzw. die DCF-Methode) zurückgegriffen.
Bei den Multiplikatorfaktoren wird das Betriebsergebnis (EBIT, ggf. mit Abschreibungen EBITDA) mit einem angemessenen Faktor multipliziert. Der Faktor wird dabei anhand der Unternehmensgröße, der Branche aus Erfahrungswerten, vergleichbaren Transaktionen und anhand von börsennotierten Unternehmen ermittelt. Unternehmensbesonderheiten werden über Zu- oder Abschläge berücksichtigt. Die Ertragswertmethode zinst zukünftige Mittelzuflüsse ab. Da niemand die Zukunft kennt, ist diese Bewertungsmethode besonders unsicher und führt aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen i.d.R. zu überhöhten Unternehmenswerten.
Trotz der Schwächen dieser Bewertungsmethoden gibt eine solche Bewertung einen ersten Eindruck über den Wert des eigenen Unternehmens, mehr aber auch nicht. Anzunehmen, dass ein so errechneter Unternehmenswert auch der Kaufpreis für das eigene Unternehmen darstellt, wäre fahrlässig. Da jedes Unternehmen anders und besonders ist, gibt es keinen universellen Marktwert für ein Unternehmen. Wie bei der Veräußerung von „Unikaten“ in anderen Märkten, gilt auch beim Unternehmensverkauf: Der Kaufpreis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage und nicht aus einem wie auch immer vom Verkäufer oder seinem Berater errechneten Wert. Richtiger als die Frage: „Was ist mein Unternehmen wert?“ wäre daher die Frage: „Was ist einem Käufer mein Unternehmen wert?“
Wie komplex die Kaufpreisfindung des Käufers beim Unternehmenskauf tatsächlich ist, zeigt die Vielzahl an Einflussfaktoren, zu denen u.a. gehören:
- Sicherheit des Geschäftsmodells des zu verkaufenden Unternehmens
Hierunter fallen sichere Margen, Wachstumspotenziale, vorhandene Markteintrittsbarrieren (z.B. Technologie), Abhängigkeiten von Kunden und Lieferanten, vorhandenes Management, ein belastbares Controlling, … - Absichten und Möglichkeiten des Käufers
Wachstum durch Zukäufe, Erlangung eines Markt-, Kunden-, Technologiezugangs, finanzielle Ressourcen, Beseitigung von Abhängigkeiten durch den Zukauf, … - Ergänzung der Geschäftsmodelle des Käufers und Verkäufers
Synergien (in Verwaltung, Vertrieb, Einkauf, Produktion und damit verbundener Zeitgewinn), Möglichkeit zur Ausweitung des Produktangebots, Integrierbarkeit des zu veräußernden Unternehmens, … - Wettbewerbssituation
laufende Branchenkonsolidierung, Anzahl verfügbarer gleichartiger Unternehmen bzw. Technologien, (gefühlter) Wettbewerbsdruck in den Kaufgesprächen, … - Art des Verkaufsprozesses
Gelingt es durch professionell aufgearbeitete Verkaufsunterlagen Sicherheit bezüglich des zu verkaufenden Unternehmens zu vermitteln und damit das (gefühlte) Risiko des Käufers zu reduzieren? Werden die wahrscheinlichsten Käufer in den Verkaufsprozess einbezogen und kann zwischen diesen eine Wettbewerbssituation aufgebaut werden?
Neben diesen Einflussfaktoren wirken sich auf den Verkaufspreis natürlich auch allgemeine Rahmenbedingungen wie die Höhe der Zinsen bei der Kaufpreisfinanzierung, die Bereitschaft von Banken Unternehmenskäufe zu finanzieren und die aktuelle (Branchen-)Konjunktur aus. Da alle diese Faktoren, aktuell für hohe Kaufpreise sprechen, sollen sie hier nicht weiter vertieft werden.
Die Vielzahl an Einflussfaktoren auf den Unternehmenswert zeigt, dass der „wahre“ Unternehmenswert nur bei Durchführung eines strukturierten Verkaufsprozesses sicher erzielt werden kann. Im Rahmen eines solchen Verkaufsprozesses ist zunächst das zu veräußernde Unternehmen optimal für den Verkaufsprozess zu positionieren und die richtigen Käufer sind zu identifizieren. Diesen ist durch geeignete Unterlagen eine möglichst hohe Sicherheit über das zu verkaufende Unternehmen zu geben. Zudem sind die möglichen Synergien aufzuzeigen. Ferner ist eine Wettbewerbssituation um das Unternehmen aufzubauen.
Ein Unternehmensverkauf benötigt entsprechend ein strategisches Projektmanagement um den richtigen Verkaufspreis erzielen zu können. I.d.R. verfügen mittelständische Unternehmen nicht über die Kapazitäten ein solches Projekt alleine durchführen zu können. Zusätzlich kann ein externer Unternehmensberater zumindest bei der Erstansprache möglicher Käufer die Anonymität waren.
Überblick über einen strukturierten Unternehmensverkauf:
Zusammenfassend lässt sich die Frage: „Was ist mein Unternehmen wert?“ abschließend im Vorfeld eines Firmenverkaufs seriös nicht beantworten. Eine Unternehmensbewertung kann bestenfalls eine Indikation über einen möglichen Verkaufserlös liefern. Bei den zahlreichen von den Beratern der Deutschen Mittelstandsfinanz beratenen Firmenverkäufen, hat sich gezeigt, dass die erhaltenen und als seriös einzustufenden Angebote für Unternehmen im Rahmen eines strukturierten Unternehmensverkaufsprozesses um bis zu 100% voneinander abweichen. Tatsächlich ist ein Unternehmen eben das wert, was der Markt bereit ist zu bezahlen. Deshalb sollten immer mehrere Angebote gleichzeitig eingeholt werden, um das bestmögliche Verkaufsergebnis zu erzielen.