Trump und Brexit: Auswirkungen auf Unternehmenstransaktionen im deutschen Mittelstand
Ein Standpunkt von Dr. Patrick Schmidl, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Mittelstandsfinanz GmbH, Frankfurt
Die neue US-Administration unter Präsident Donald Trump und der Austritt Großbritanniens aus der EU können mittelfristig erhebliche Einflüsse auf mittelständische Unternehmensverkäufe in Deutschland haben. Dies soll nachfolgend aufgezeigt werden. Dabei wirken zwei gegensätzliche Kräfte aufeinander ein: Die Nachfrage nach in Deutschland ansässigen Unternehmen ab einer bestimmten Größe wird einerseits ansteigen, andererseits bergen zu erwartende protektionistische Maßnahmen und sich ändernde weltweite Warenströme erhebliche Risiken für die Bewertung von mittelständischen Unternehmen. Deutsche Mittelstandsfinanz geht davon aus, dass die negativen Faktoren dabei mittelfristig deutlich überwiegen werden.
Durch den Austritt Großbritanniens aus der EU und der europäischen Zollunion wird das Land als Standort internationaler Unternehmensgruppen deutlich uninteressanter. Diese werden für ihren Markteintritt in Europa zunehmend Standorte in Kontinentaleuropa wählen. Aufgrund der zentralen Lage, der guten Infrastruktur und der wirtschaftlichen Größe, wird dabei die Nachfrage nach deutschen Unternehmen tendenziell ansteigen.
Diesem positiven Effekt stehen jedoch zwei bedeutende gegenläufige Effekte entgegen:
- Protektionistische Entwicklungen können zu erheblichen Exportrückgängen, der weltweiten Umleitung von Warenströmen und zu Rezessionseffekten führen.
- Entstehende Unsicherheiten über das erratische Handeln des US-Präsidenten und Unsicherheiten über die Folgen des Brexit können Investitionsentscheidungen und die aktuell ohnehin schon hohen Unternehmensbewertungen negativ beeinflussen.
Präsident Trump hat es sich zum Ziel gesetzt, die massiven Handelsbilanzdefizite der USA zu beseitigen. In diesem Zusammenhang denkt der US-Präsident über eine „Grenzsteuer“ für Importe aus Ländern mit großem Handelsüberschuss und damit praktisch über einseitig diskriminierende Zölle nach. Die Welthandelsorganisation WTO dürfte hiergegen Gegenzölle erlauben.
Besonders betroffen von dieser „Grenzsteuer“ dürften China mit einem Handelsüberschuss von USD 347 Mrd. gegenüber den USA, Japan (Überschuss USD 69 Mrd.) und Deutschland (Überschuss USD 65 Mrd.) sein. Während China 3,0 mal mehr in die USA exportiert als es von dort importiert, liegen die entsprechenden Verhältnisse für Japan und Deutschland bei 2,1 bzw. 2,3, wobei sich das Verhältnis von Exporten zu Importen Deutschlands gegenüber den USA seit 2010 von 1,7 auf 2,3 stark ausgeweitet hat, wie der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen ist.
Neben rückläufigen Exporten deutscher Unternehmen durch eine „Grenzsteuer“ der USA, wäre weltweit mit massiven Umleitungen von Güterströmen zu rechnen. Güter werden verstärkt in der EU bleiben und – unterstellt man, dass die EU grundsätzlich am Freihandel festhält - auch verstärkt aus Asien im europäischen Binnenmarkt ankommen. Eine zu erwartende Folge sind damit fallende Margen der europäischen Unternehmen, wobei dieser Effekt bei stark exportorientierten Unternehmen, wie häufig im deutschen Mittelstand der Fall, besonders deutlich ausgeprägt sein dürfte.
Verstärkt werden diese Entwicklungen durch einen zu erwartenden Rückgang des Exports nach Großbritannien aufgrund der möglichen gegenseitigen Beschränkung des freien Marktzugangs, einer anhaltenden Abwertung des britischen Pfundes und einer aus unserer Sicht wahrscheinlichen Rezession in Großbritannien nach dem Brexit.
Die besondere Brisanz einer Einschränkung des Handels mit den USA und Großbritannien für deutsche Unternehmen kommt dadurch zum Ausdruck, dass gegenüber den USA und Großbritannien mit EUR 50,4 Mrd. bzw. EUR 49,1 Mrd. der höchste und zweithöchste Handelsüberschuss gegenüber allen Ländern erzielt wird (Quelle: Statistisches Bundesamt). Gemeinsam repräsentieren die USA und Großbritannien mehr als 39% des gesamten Handelsüberschusses Deutschlands von EUR 252,4 Mrd. im Jahr 2016!
Alle diese Faktoren zusammen bieten einen ausgezeichneten Nährboden für eine Rezession auch in Deutschland.
Selbst wenn es nicht zu einem Handelskrieg zwischen China und der EU einerseits sowie den USA andererseits kommt und der Handel mit Großbritannien halbwegs stabil bleiben sollte, besteht eine beträchtliche Gefahr, dass das erratische Verhalten der politisch unerfahrenen neuen US-Administration aber auch der Brexit zu erheblichen Unsicherheiten der Marktakteure und damit zur Nichtdurchführung von Investitionen führt. Die Anzahl an Unternehmenskäufen geht in der Folge zurück und die bei der Bewertung berücksichtigten Risikoaufschläge steigen an. Hierdurch sinken die derzeit überdurchschnittlich hohen Unternehmensbewertungen. Unterstellt man ferner, dass die Zeit der (unvernünftig) niedrigen Zinsen bald zu Ende gehen wird, wird der Handlungsspielraum für hohe Unternehmenspreise zukünftig weiter eingeschränkt.
Kommen zu diesen Faktoren auch noch fallende Gewinne aufgrund einer möglichen Rezession, werden Unternehmen in den nächsten Jahren zusätzlich niedriger bewertet.
Aus Sicht der Deutschen Mittelstandsfinanz sollten geplante Unternehmensverkäufe im Mittelstand, z.B. im Zuge einer Unternehmensnachfolge daher aktuell eher vorgezogen werden, um den derzeit vorhandenen Verkäufermarkt mit hohen Bewertungen nutzen zu können, während Zukäufe zunehmend genauer geprüft werden sollten.