Mittelständische IT-Unternehmen in der Finanzierungsfalle
Mittelständische IT-Unternehmen haben es deutlich schwerer als andere Unternehmen ihr oft starkes Wachstum durch externe Mittel zu finanzieren oder ihre Kapitalstruktur durch Aufnahme von Fremdkapital betriebswirtschaftlich sinnvoll zu optimieren. Dies ist volkswirtschaftlich umso bedauerlicher als die IT-Industrie besonders humankapitalintensiv und wachstumsstark ist und durch die Finanzierungsschwierigkeiten der IT-Industrie Wachstumsimpulse verloren gehen und erfolgreiche deutsche IT-Unternehmer aufgrund fehlender Möglichkeiten der Wachstumsfinanzierung in Deutschland teilweise gezwungen sind ihre Unternehmen an größere ausländische Konkurrenten veräußern müssen.
Es gibt mehrere Ursachen, weshalb die Finanzierung von IT-Unternehmen besonders schwierig ist: Hierzu haben sicherlich die Exzesse am sogenannten Neuen Markt und die zahlreichen folgenden Insolvenzen beigetragen. Eine im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbare Fehlbewertung des Sektors hat das Vertrauen zahlreicher Kapitalgeber nachhaltig beeinträchtigt und die Möglichkeit von Börsengängen, mit Ausnahmen einiger prominenter Beispiele, seither stark eingeschränkt.
Kapitalgeber sind auch deshalb sehr zurückhaltend, weil es ihnen häufig schwer fällt, die Nachhaltigkeit eines Geschäftsmodells zu beurteilen. Obwohl die (gegenseitige) Abhängigkeit zwischen dem IT-Unternehmen und dem Kunden aufgrund des aufgebauten speziellen Wissens und der hohen Wechselkosten des Kunden häufig zu wirtschaftlich langjährig stabilen Kundenbeziehungen führen, sind die zugrundeliegenden Verträge aus juristischer Sicht in der Regel kurzfristig kündbar. Viele stabile Geschäftsmodelle werden daher unrichtigerweise als unsicher eingestuft.
Zudem führt der hohe Humankapitaleinsatz dazu, dass nur wenige aktivierungsfähige Vermögensgegenstände vorliegen. Das Wissenskapital der im Unternehmen arbeitenden Menschen kann je nach Rechnungslegung z.B. bei Produktunternehmen als Software-Eigenentwicklung in Form eines immateriellem Vermögensgegenstandes aktiviert werden. Im Gegensatz dazu entfällt bei reinen IT-Dienstleistungsunternehmen jedoch diese Aktivierungsmöglichkeit. Eine zunehmend stärkere Regulierung des Bankensektors und damit verbundene immer strenger werdende Anforderung der Eigenkapitalunterlegung sowohl bei der Bank als auch beim Kreditnehmer, führen zu betriebswirtschaftlich teilweise unsinnigen Anforderungen kreditgebender Banken an das IT-Unternehmen. So ist die Aufnahme eines Kredits häufig an die Einhaltung einer bestimmten Eigenkapitalquote (nach Abzug immaterieller Vermögensgegenstände) gebunden. Selbst bei einem hoch profitablen IT-Unternehmen kann die geforderte Eigenkapitalquote jedoch oftmals nur dann erreicht werden, wenn unnötigerweise erhebliche liquide Mittel im Unternehmen verbleiben. Praktisch sichert sich die Bank damit dadurch ab, dass sie darauf besteht, dass ein großer Teil des von ihr zum Wachstum oder zur Kapitalstrukturoptimierung zur Verfügung gestellten Darlehens zu niedrigeren Zinsen sofort wieder bei ihr angelegt wird. Die Bank erhält für diesen Teil des Kredits einen substanziellen Zinsdifferenzgewinn, ohne selbst ein Risiko zu tragen! Bankkredite werden daher für zahlreiche IT-Unternehmen unverhältnismäßig teuer. Dies erschwert auch fremdfinanzierte Unternehmenskäufe durch Finanzinvestoren. Diese sind entsprechend auch selten.
Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass Gespräche mit Kapitalgebern in der IT-Branche besonders gut vorbereitet werden müssen und ggf. durch ein in IT-Finanzierungen erfahrenes Corporate Finance Haus begleitet werden sollten.
Volkswirtschaftlich betrachtet erscheint es als sinnvoll, dass die vorhandenen Wachstumsmöglichkeiten insbesondere der mittelständischen IT-Industrie Branche durch die Schaffung vergleichbarer Rahmenbedingungen, analog zur Förderung von Unternehmensneugründungen, auch für mittelständische IT-Unternehmen geschaffen wird. Mit der Schaffung eines IT-Fonds Deutschland, wie ihn der Bundesverband IT-Mittelstand fordert, würde eine wichtige Lücke in der Finanzierbarkeit einer der bedeutendsten Wachstumsbranchen in Deutschland geschlossen.
Die Experten der Deutschen Mittelstandsfinanz GmbH stehen gerne für eine erste unverbindliche Beratung zur Verfügung.