Corporate Finance, Private Equity und M&A als strategische Maßnahmen zur Krisenbewältigung und Chance zur Neuausrichtung mittelständischer Zulieferer
von Dr. Michael Hopf
In einer Untersuchung zu den Auswirkungen von Covid-19 auf deutsche Zulieferer in der Luft- und Raumfahrtindustrie, präsentiert von Herrn Michael Santo anlässlich des BAM vom 16.03.2021, wird u. a. auf die Bereitschaft der Zulieferer eingegangen, M&A und Corporate Finance als strategische Maßnahmen aus der Krise anzuwenden. (Quelle: Michael Santo, Managing Partner & Head of Aviation Praxis H&Z – München.16.03.2021, Auswirkungen von Covid-19 auf die deutsche Luft- & Raumfahrtindustrie – Status Quo und Strategien zur Krisenbewältigung).
Bemerkenswert an den Studienergebnissen ist, dass nur 15 Prozent der Befragten einen Bedarf an Eigenkapitalfinanzierung zeigten. Das kann dadurch erklärt werden, dass zu diesem Zeitpunkt bei einer Vielzahl der Unternehmen Maßnahmen zur Liquiditätssicherung im Mittelpunkt standen.
Dass staatliche Luftfahrtfonds zur Deckung eines potenziellen Bedarfs an Eigenkapital bei den mittelständischen Zulieferern an erster Stelle stehen, begründet sich dadurch, dass diese üblicherweise nicht, wie Finanzinvestoren, aktiv Geschäftsstrategien und Prozesse überprüfen und gegebenenfalls neu ausrichten.
An zweiter Stelle stehen strategische Investoren zur Eigenkapitalfinanzierung, die neben Kapital auch weiteres Knowhow zum Wachstum und zur Neuausrichtung zur Verfügung stellen. Das erklärt ihre Akzeptanz bei den mittelständischen Zulieferern.
Als wichtiger Aspekt der Studie erscheint uns, dass „Financial Sponsors“ (wie Private Equity Investoren) bei der Eigenkapitalbeschaffung der befragten Zulieferer an Boden gewonnen haben (42 Prozent). Wenn man den Anteil der Probanden dazurechnet, die Private Equity Investoren nur im „äußersten Notfall“ akzeptieren würden, erhöht sich der Wert auf insgesamt 63 Prozent. Offensichtlich hat hier ein Umdenken bei Zulieferern aus der Luft- und Raumfahrtindustrie stattgefunden.
Laut Befragung spielen bisher durchgeführte und geplante Zukäufe (Akquisitionen) als Maßnahme der Neuorientierung der Zulieferer keine herausragende Rolle (26 Prozent), weil zum Zeitpunkt der Befragung Sofortmaßnahmen zur Existenzsicherung im Vordergrund standen. Ein anteiliger und vollständiger Verkauf des eigenen Unternehmens an Investoren wird nur von einer Minderheit der Eigentümer ins Auge gefasst (17 Prozent). In der „Post-Covid“ Phase, dem „New Normal“ wird aber die Bereitschaft unter den Zulieferern der Luft- und Raumfahrt Industrie zunehmen, über M&A Instrumente, wie Fusionen, Übernahmen und Verkäufe, nachzudenken.
Dagegen wird der Aufbau von Partnerschaften als Vorgehensweise zur Bewältigung der Krise von einer Mehrheit der Befragten (66 Prozent) bejaht. Das Thema Partnerschaften ist seit geraumer Zeit ein Thema unter den Zulieferern in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Voraussetzung von erfolgreichen Allianzen sind aber bindende Verträge (z.B. Joint Venture Vertrag, ARGE-Vertrag) zwischen den Kooperationspartnern.
Wie können nun Zulieferer das M&A-Instrumentarium zur Krisenüberwindung nutzen und auf kritische Marktentwicklungen, destabilisierte Lieferketten und industrielle Vulnerabilität zu reagieren?
Die Anforderungen der OEMs an ihre nachgelagerte Lieferkette verdeutlichen die Herausforderungen, denen sich Zuliefererbetriebe stellen müssen. So erwartet beispielsweise Airbus von seinen Lieferanten Investitionen, in deren finanzielle Resilienz und kritische Unternehmensgröße. Beides soll das „Re-Ramp-up“ (national wie international), neue technologische Herausforderungen (wie das klimaneutrale Fliegen), Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen durch Digitalisierung und Automation unterstützen.
Sollte sich ein Inhaber nicht mehr in der Lage sehen, Zukunfts-Investitionen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit seiner Firma zu tätigen, sollte er eine Nachfolgeregelung, einen Verkauf oder Teilverkauf seiner Firma prüfen. Bei der Unternehmensfortführung lautet unsere Empfehlung, über „programmatisch orientierte“ M&A Aktivitäten als Baustein für die Zeit nach Covid nachzudenken. Darunter ist eine M&A Strategie zu verstehen, bei der ein Zuliefererbetrieb über Jahre hinweg mehrere kleinere „Buy & Build“ oder „Bolt-on“ Akquisitionen verfolgt, die in der Summe zu einem bedeutenderen Marktanteil führen. Die gegensätzliche Strategie hierzu ist, auf einen einmaligen "Big-Bang Deal“ zu setzen. In einer im April 2021 veröffentlichen Studie hat McKinsey gezeigt, dass Unternehmen, die regelmäßig kleinere, gezielte Akquisitionen durchführten, Überschussrenditen mit geringerer Volatilität erwirtschaften. (Quelle: Jens Giersberg, Jan Krause, Jeff Rudnicki, Andy West, McKinsey & Company, April 30, 2020, The power of through-cycle M&A).
Die Impfkampagnen und staatliche Mittel, wie Corona-Soforthilfen und Kurzarbeit, haben geholfen, kurzfristig eine Vielzahl von mittelständischen Zulieferbetrieben zu stabilisieren. Im „New Normal“ sind Inhaber und Management aber gefordert, strategische Maßnahmen mit mittel- bis langfristiger Auswirkung einzuleiten.. Insbesondere geht es hier um Maßnahmen die geeignet sind, Geschäftsbereiche zu konsolidieren, Fähigkeiten zur Digitalisierung und Automatisierung auf- oder auszubauen, Spitzenkräfte und qualifiziertes Personal zur Bewältigung der neuen technologischen Herausforderungen zu gewinnen und nationale und internationale Wettbewerbsposition gegenüber der vorgelagerten Lieferkette zu stärken.
Zusätzlich werden Marktteilnehmer mit Zugang zu Finanzmitteln und Managementkapazitäten auf den Plan treten und längst überfällige „Flurbereinigungen“ in Branchen mit fragmentierten Zulieferketten zu forcieren.
Bei größeren Unternehmen, die zyklusübergreifend über Erfahrungen mit Instrumenten, wie Eigenkapitalfinanzierungen, Private Equity, M&A und Joint Ventures, als strategische Maßnahmen zur Neuorientierung verfügen, wird dies schon praktiziert. Durch die Entwicklung in den letzten Jahren ist es aber notwendig geworden, dass sich auch kleinere mittelständische Zulieferer mit diesem Thema beschäftigen.
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